Artikel: Schneckenhof: Der kategorische Kartenvorverkauf[ Kolumne ]
03.05.2004  |   Klicks: 4587   |   Kommentare: 8   |   Autor: kroko
Schneckenhof: Der kategorische Kartenvorverkauf
Bei den Norwegern ist nach wenigen Minuten schon wieder alles vorbei. BWLer haben gern die volle Kontrolle. Beim „asta“ muss man sich von links in der Schlange anstellen. Und bei den Radioaktiven wird es nie wieder so sein, wie beim ersten Mal. Vorurteile über den Vorverkauf.
Zeige mir Deinen Kartenvorverkauf und ich sage Dir, was Du studierst!

Wer wollte es unseren Freunden von der betriebswirtschaftlichen Volksfront verdenken (oder war es die „Volksfront Betriebswirtschaftslehre“?): Die angehenden Taxifahrer und Unternehmensberater halten ihren Vorverkauf irrtümlich für einen besonders gelungenen Beweis ihrer Fähigkeiten im kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Bereich.
Sie könnten nicht falscher liegen.
Ein begrenztes Angebot steht einer hohen Nachfrage gegenüber (heute Karten, früher Bananen), der Verkauf ist straff durchorganisiert (Planwirtschaft). Es wird schlangegestanden, ohne zu wissen, ob man nicht eventuell leer ausgeht (kurz: zu Dem Doofen Rest gehört).
Und schließlich ist das ganze von einer Mauer aus Bauzäunen umgeben.


Ein zirzensischer Hauch umweht die Szenerie, erinnert der irre Baugitterzaungarten doch an die Konstruktionen mit denen Raubtiere in die Manege getrieben werden.


Apropos Zirkus. Die Juristen planen ihren Kartenvorverkauf mindestens so generalstabsmäßig wie die BWLer. Jede Wette!
Sie wollen eine wilde, zügellos unbeherrschte Schneckenhoffete.
Der Vorverkauf muss ebenso sein, denken sie.
Darum skizzieren sie bereits Wochen vorher auf großen Flipcharts, wie sie die Vorverkaufstische in der Mensa so platzieren müssen, dass ein größerer Tumult entsteht, als wenn Ally McBeal in Rome gegen Edel und Starck prozessieren würde.
Anschließend gemütliches Beisammensein mit Rippenbruch beim Orthopäden.


Grell strahlendes Vorbild aller Vorverkäufer sind dagegen die Norweger.
Kartenverkauf in knapp einer halben Stunde.
Nicht gerechnet mehrere Stunden Wartezeit, während sich eine Schlange aus Mensawiesencampern und Frühaufstehern vor dem leeren Flecken bildet, an dem das heilige Konsulat Norwegens am späten Vormittag aufgebaut werden wird.
Jeder nur zwei Karten bitte, hinten wieder anstellen ist erlaubt!

In der beginnenden Mittagshitze bauen die Norweger dann in aller Seelenruhe den Vorverkaufsstand wieder ab, nur von einem lauen Lüftchen umweht.
Zwei Tage später kehren sie in einem Orgienorkan zurück, verwüsten den Schneckenhof und mit ihm Quadrilliarden von Gehirnzellen.


Verhältnisse von denen Sprachwissenschaftler, Volkswirte, Soziologen, Informatiker, Mathematiker und Philosophen und wie all die ferner liefen heißen mögen, nicht mal träumen können. Veranstalter, deren erste unheimliche Begegnung der bierzapfanlagischen Art meistens erst um 20 Uhr am Fetenabend stattfindet.


Dann gibt’s da noch Radioaktiv, Vorreiter des Kartenvorverkaufs im Internet.

Radioaktiv hat mal vor einigen Jahren die erste und legendär gewordene MensaMania-Fete geschmissen. Genau von dieser feiertechnischen Meisterleistung reden sie heute noch begeistert. Und zu recht!
Aber wie es nun mal so ist mit der Radioaktivität, sie wird zwar jedes Jahr schwächer, doch richtig los wird man sie nicht mehr.


Beim „asta“ laufen Vorverkauf und Feten aus lauter geruhsamer Gewohnheit routiniert, reibungslos und unterkühlt ab, wie die Rübensortierung in einer sibirischen Kolchose. So glatt und unauffällig, dass man sich auch am Tag nach der Fete oft fragt: War da überhaupt was?


Naja, wer glaubt, dass Karten beim Vorverkauf verkauft werden, glaubt vermutlich auch, dass Schmetterlinge schmettern.
In Wahrheit verschwindet der Großteil der Karten nämlich in einem verfilzten Zeit-Raum-Wurmloch.
In der dunklen Materie der Kartenverteilungsmaschinerie lernt der angehende Student, wie es sich auch später in öffentlicher Bürokratie und freier Wirtschaft optimal durchklüngelt und vorwärtsvettert.
Hach, die Leute, die lamentieren, dass sie keine Karte im Vorverkauf bekommen haben. Das sind auch die, die später im Beruf jammern werden, dass sie ständig übergangen werden.
Haben eben immer noch nichts kapiert.
Und da sage noch einer, an der Uni könne man nichts fürs Berufsleben lernen.


Das Vorverkaufsparadies liegt dabei so nahe.
Wenn nur alle Beteiligten ihre Vernunft walten ließen und sich an das einfache Motto hielten:
„Stell Dich in der Schlange stets so an, wie Du möchtest, dass sich auch die anderen anstellen.“

Dann gingen Bauzaunfabrikanten pleite und unser Leben wäre so harmonisch wie das Weltjahrestreffen der Plüschfischfreunde buddhistischer Glaubensrichtung.
Wie uncool!
 
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8 Kommentare zu diesem Artikel
04.05.04, 18:05 Uhr #1 von Pacman2k
Sehr viel Wahrheit steckt hinter diesen Zeilen (siehe auch mal wieder VVK für die SpLit/Geschichte Fete) nach 10 - 20 Minuten geht online nichtsmehr und beim VVK an der Mensa steht man (trotz ÜBERSCHAUBARER Schlange) trotz des relativ guten Platzes in der Mitte ohne Karte da...
FAZIT: Ich spekuliere auf Regen und gehe am Donnerstag nich hin...
04.05.04, 18:22 Uhr #2 von Pro2k
Da hast du Recht, was die SpLit'ler sich da heut wieder geleistet haben, ist unter aller Sau. Da steh ich doch lieber in einer langen Schlange und bekomme meine Bananen. Laut Wetterbericht soll es ja Do regnen *g*.
04.05.04, 18:22 Uhr #3 von Raggamuffin
Online Vorverkauf Rulez!!

ich geh auch nit...... bin krank

Aber geiler Artikel!!!
04.05.04, 20:18 Uhr #4 von cap
Ich muss Pacman und Pro2k recht geben. Was die SpLit'ler da heute versucht haben, ist nur mit Unfähigkeit zu erklären. Als gelungenen Kartenvorverkauf kann man das nicht bezeichnen!

Der Artikel ist auch mal wieder sehr gelungen, spiegelt er doch zum größten Teil meine eigenen Erfahrungen wieder.
Dieser Eintrag wurde 1 mal editiert, zuletzt 04.05.04, 20:18 Uhr
04.05.04, 20:40 Uhr #5 von SodaF
Sorry, Leute, ich will niemanden beleidigen: Hut ab vor denen, die eine Party organisieren; aber der Vorverkauf..... zum Heulen manchmal. *schluchtz*
Ausnahmsweise ist mal Nachahmen der BWLer ein echter Vorteil, das klappt immer reibungslos. Ich stehe bei dieser Party zwar auch öfters ohne Karte da, weil ich keine bekommen habe, aber das Risiko gehe ich gerne ein, wenn in Zukunft jeder Vorverkauf eine 100% Fairness garantiert.

im Winter sind es die Jacken, im Sommer der Vorverkampf, äh.. -Verkauf. Irgendwas ist immer....
Und es gibt ja auch das Gesetz von Angebot und Nachfrage: im Sommer will halt jeder feiern.
Warum kriegen Schneckenhof.de Veteranen oder Schneckenhof-Schein besitzer eigentlich kein Vorrecht auf Karten? das wär doch mal was!
11.05.04, 16:45 Uhr #6 von bilal
14.05.04, 13:18 Uhr #7 von Prinz-von-Zamunda
hey split konnte nix dafür...wir wurden kurz vor dem verkauf vom mensachef mit nur zwei tischen raus geschmissen...und wenn ein pulk menschen dich einkreist, mach denen mal klar, dass sie ne reihe machen sollen!
15.05.04, 22:51 Uhr #8 von SebLE
war halt einfach schlecht geplant
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