Artikel: Der Weg des Kriegers – von der Straße auf die Leinwand | Bushido Live im CinemaxX Mannheim[ Film ]
09.02.2010  |   Klicks: 4004   |   Kommentare: 1   |   Autor: Polterfarbend
Der Weg des Kriegers – von der Straße auf die Leinwand | Bushido Live im CinemaxX Mannheim
Das neueste Werk von Bernd Eichinger und Uli Edel verfilmt das Leben von Bushido – Deutschlands umstrittenstem Rapper. Die beiden Größen des deutschen Kinos konnten bereits 2008 mit dem vielfach ausgezeichneten Spielfilm „Der Baader Meinhof Komplex“ internationalen Ruhm ernten. An diesen Erfolg wird „Zeiten ändern Dich“ wahrscheinlich nicht anknüpfen können. Die Presse ist sich einig: das Biopic um den Skandal-Rapper ist ein Reinfall.
Als Bushido seinen neuen Film „Zeiten ändern dich“ am gestrigen Abend im CinemaxX Mannheim persönlich vorstellt, will man gar nicht glauben, dass dieser unscheinbare junge Mann im Jogginganzug Hauptdarsteller im neusten Streich von Uli Edel und Bernd Eichinger sein soll. Noch unglaublicher scheint es, dass eben dieser Film mit etwa 80.000 Besuchern am Starttag den Mega-Blockbuster „Avatar“ von der Spitze der deutschen Kinocharts verdrängt hat. Ein vorübergehender Erfolg? Die Fans stürmen in Scharen in die Kinos und treiben somit die Besucherzahlen in die Höhe.

Mit skandalträchtigen Themen lässt sich eben Geld verdienen. Immer. Vielleicht war das der Gedanke, der den Erfolgs-Produzenten Bernd Eichinger umtrieb, als er das Drehbuch für „Zeiten ändern dich“ geschrieben hat. Künstlerischen Anspruch kann man dem Rapper-Biopic jedenfalls nicht nachsagen. Ähnliche Produktionen wie „8 Mile“ und „Get rich or die tryin‘“ haben gezeigt, dass hinter mancher Rapper-Biographie filmreife Stories stecken können. Mit viel Glück entpuppt sich ein solcher Rapper dann auch noch als guter Schauspieler. Doch Bushidos „Zeiten ändern dich“ kann leider in keiner dieser Kategorien überzeugen.

Dabei hätte alles so schön werden können. Die Autobiographie des Rüpel-Rappers als Vorlage, das Drehbuch von Bernd Eichinger, hochkarätige deutsche Schauspieler (Moritz Bleibtreu, Hannelore Elsner, Katja Flint, Uwe Ochsenknecht) im Gepäck, Original-Drehorte in Berlin-Kreuzberg. Und dennoch stimmt in „Zeiten ändern dich“ einfach gar nichts. Die Dialoge sind unfreiwillig komisch, die Darsteller agieren irgendwo zwischen plakativ und unglaubwürdig und wirken völlig deplatziert.

Bushido hat 30 bittere Jahre hinter sich – so war es wohl gemeint, aber so kommt es nicht rüber. Als Sohn einer Deutschen und eines Tunesiers muss er als kleiner Bub mit ansehen, wie sein Vater die Mutter mit einem Telefon verdrischt und anschließend die Familie sitzen lässt. Klar, das ist ein hartes Los für einen kleinen Steppke. Doch die Mutter vergöttert ihren kleinen Anis Mohamed Youssef Ferchichi (so der bürgerliche Name von Bushido) über alle Maßen und ermöglicht ihm eine behütete Kindheit. „Die beste Mutti der Welt“ unterstützt ihr Söhnchen sogar mit Startkapital und erleichtert ihm somit den Einstieg in das Drogengeschäft. Ganz normaler Alltag einer Berliner Familie eben.

Kann so jemand Vorbild einer Jugendgeneration sein? Die Kritiker werfen Bushido seit jeher vor, jugendgefährdende Texte zu schreiben und Videos zu drehen. Der Kinosaal, in dem Bushido am gestrigen Abend Tickets für sein anstehendes Konzert am 1. Mai im Rosengarten Mannheim verlost, ist jedenfalls brechend voll. Mit gezückten Fotohandys warten die Jugendlichen gespannt darauf, ihr Idol endlich live sehen zu dürfen. Im vorherigen Pressegespräch gibt Bushido an, sich selbst nicht als Vorbild für die Jugend zu sehen. „Ich gebe den Wenigsten den Tipp, die Schule abzubrechen, so wie ich es getan habe.“ Auf die Frage, wer denn seine eigenen Vorbilder gewesen seien, antwortet der Rapper trocken: „Ich fand mich selbst schon immer ziemlich cool.“

Vieles kann man dem gebürtigen Bonner vorwerfen – außer mangelndem Selbstvertrauen. Auch die Kritik der Presse lässt ihn kalt: „Natürlich bin ich kein Schauspieler. Die Presse kann mir nichts vorwerfen, deshalb ist das Geheule wegen dem Film auch so groß.“

„Zeiten ändern dich“ ist als Reise durch das Leben des Skandal-Rappers angelegt. Als erfolgreicher Musiker tourt Bushido mit seiner Crew durch das Land, als ihn zu seinem Geburtstag eine Postkarte des verhassten Vaters erreicht. Eine Reise in die Vergangenheit beginnt, der Deutsch-Tunesier durchlebt die Höhen und Tiefen der letzten drei Jahrzehnte noch einmal auf schmerzvolle Art und Weise und lässt das Publikum daran teilhaben – ob es will oder nicht.

Den jugendlichen Ferchichi spielt Elyas M`Barek („Türkisch für Anfänger“), der sich in die schöne Selina (Karoline Schuch) verliebt. Doch die Beziehung wird früh auf die Probe gestellt. Ferchichi passt so gar nicht in die spießige Welt der Reichen, in der sich seine Selina aufhält - peinliche Klischees beim Mittagstisch inklusive. Diese Klischees reihen sich nahtlos ein in die comichaft überzeichnete Szenerie, die es dem Zuschauer schwermacht, das Gezeigte ernst zu nehmen. Doch Anis hat ja auch gar keinen Bock auf diese Welt und macht das schnell klar: "Und weißt du was - ich scheiß` auf eure Gesellschaft."

In dieser Größenordnung bewegen sich die Dialoge über den ganzen Film hinweg. Bushido begleitet die Bewegtbilder an vielen Stellen mit seiner Stimme aus dem Off. Leider eignet er sich zum Sprecher noch weniger als zum Schauspieler. Merkwürdig harm- und farblos wird der skandalträchtige HipHopper in seiner Filmbiographie dargestellt – und an mancher Stelle fragt sich der Zuschauer: Was hat dieser junge Mann uns eigentlich zu erzählen?

Die Kids im Kinosaal wünschen sich hingegen, Bushido würde gar nicht mehr aufhören zu erzählen. Er verlost die Tickets für sein Konzert im Mai für diejenigen, die „die intelligentesten Fragen“ stellen. Viele nehmen die Chance wahr und versuchen, Bushido eine persönliche Antwort zu entlocken. So fragen sie ihn, ob er stolz sei, Tunesier zu sein und woher seine Inspiration für die Texte stammt, die „so vielen Menschen aus der Seele sprechen.“ Bushido nimmt sich viel Zeit für seine Fans, auch wenn er sich an mancher Stelle Spott nicht sparen kann. Auf die Frage des 12-Jährigen Stefan „Hast du wirklich Gras vertickt?“ antwortet der Deutsch-Tunesier knallhart: „Isch schwöre.“ Kurze Pause. „Aber wehe, du machst dasselbe.“ Soviel Jugendschutz muss dann doch sein.

„Zeiten ändern dich“ feierte seine Premiere am 4. Februar und ist seitdem in allen deutschen Lichtspielhäusern zu sehen.
 

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1 Kommentare zu diesem Artikel
10.02.10, 11:09 Uhr #1 von Mr_Pink
Ich hab ja versucht ohne Vorurteile an den Film ran zu gehen aber leider ist er wirklich mit das Schlechteste, was ich bis jetzt aus Deutschland gesehen habe. Die meisten TV-Eigenproduktionen sind wohl sogar besser. Reiht sich leider nahtlos in die Hartz4-TV Nachmittaghighlights von Reality Soaps, Richtersendungen und gestellten Familien-Dokus ein.
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